Zur Navigation springen Zum Inhalt springen Zum Footer springen
Verschiedene Bilder aus dem Neckar-Odenwald-Kreis

Dorfkirchen werden nicht einfach verschwinden

Peter Hauk diskutiert mit Vertretern der evangelischen Landeskirche in Mörtelstein

Mörtelstein: „Wir haben eine gute Versicherung und die bleibt auch bestehen“, betont Martin Wollinsky, Finanzchef der evangelischen Landeskirche in Baden. Für die anwesenden Vertreter der kleinen Kirchengemeinde Mörtelstein ist das eine große Erleichterung. Seit die Landeskirche vor fast zwei Jahren begonnen hat ihre Kirchen in die Ampelfarben grün, gelb und rot einzuteilen, sehen die Mörtelsteiner die kleine, malerisch auf einem Hügel über dem Dorf gelegene, historische Kirche in Gefahr. Bei der Klassifizierung, die auf der mittleren kirchlichen Verwaltungsebene getroffen wurde, ist die Mörtelsteiner Kirche mit gelb bewertet. Bei gelben und roten Gebäuden – und das sind 70 Prozent aller kirchlichen Gebäude – kann sich die Landeskirche künftig nicht mehr an den Sanierungskosten beteiligen. Vor Ort stellen sichallerdings viele weitere Fragen, etwa ob diese Gebäude weiterhin versichert sind. In diesem Punkt konnte Wollinsky nun aber für Klarheit sorgen; zudem stellte er klar, dass die Gebäude auch künftig in regelmäßigen Abständen von kirchlichen Bausachverständigen auf ihren baulichen Zustand hin überwacht werden. Außerdem sollen weiterhin Rücklagen für den Erhalt der Gebäude gebildet werden und so zumindest ein Grundbetrag geschaffen werden, um Sanierungen auch in der Zukunft zu ermöglichen. „Immer mehr Gebäude müssen von immer weniger Kirchensteuerzahlern finanziert werden – ein weiter so wird also auch nicht gehen“, betont Wollinskyaber entschieden.

Landwirtschaftsminister Peter Hauk (MdL)hatte den Kirchenvertreter und seinen Kollegen Jochen Rapp von der Bauabteilung der Kirche zum Gespräch eingeladen. „Kirchen prägen schon rein optisch das Erscheinungsbild vieler Dörfer in Baden-Württemberg und sind Identifikationspunkte – auch für die Menschen, die nicht mehr regelmäßig oder gar nicht an Gottesdiensten teilnehmen“, betonte Hauk. Mit großer Sorge sieht der Minister, dass die Kirchen sich aus der Finanzierung von Dorfkirchen zurückziehen wollten. Es ist ihm wichtig, dass die Gebäude, die häufig mit Denkmalschutzauflagen bedacht sind, erhalten bleiben. Zumal die Landesregierung auch immer wieder durch eine Kofinanzierung von denkmalgeschützten Gebäuden die Kirche beim Erhalt derselben unterstützt. „Es geht um sehr viel mehr, als nur um die Gebäude“, ergänzt Dr. Albrecht Schütte, der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag und Abgeordnete des Nachbarwahlkreises Sinsheim. „Aktive Kirchengemeinden leisten durch das vermittelte Wertegerüst und den Zusammenhalt einen wichtigen Beitrag für unsere Demokratie“, ergänzt Dr. Schütte. Hauk selbst zeigte sich begeistert vom Engagement der kleinen Mörtelsteiner Kirchengemeinde.

Die Kirchengemeinderätinnen Bettina Zeus und Silke Becker hatten sich vor zwei Jahren presseöffentlich und laut vernehmbar für den Erhalt ihrer kleinen Kirche eingesetzt. Auch Bürgermeistervertreter Timo Hinninger und Gemeinderat Jürgen Streib loben die kleine Gemeinde. „Im vergangenen Jahr haben ein paar Mörtelsteiner zugepackt und an einem Wochenende einen barrierefreien Zugang zu ihrer Kirche geschaffen“, zeigen sich die Vertreter der politischen Gemeinde begeistert von der hohen Leistungsbereitschaft im Dorf. „Wir sind bereit unseren Sparbeitrag zu bringen“, erklärte Becker. Das ehemalige evangelische Gemeindehaus im Ort ist längst verkauft und wird unter anderem durch die politische Gemeinde und einen Förderverein mit engagierten Mitgliedern und viel Eigenleistung mit Leben erfüllt. Auch verschiedene kirchliche Veranstaltungen wie zum Beispiel die Kirchenchorproben finden weiterhin in dem Gebäude statt. „Die Kirche wollen wir uns nun als sichtbares Zeichen unseres Glaubens nicht auch noch nehmen lassen“, erklärt Bettina Zeus ganz einfach. Nicht nur im Protest sind die beiden Damen stark. Schon immer ist das Engagement in der kleinen Kirchengemeinde groß. Es finden viele Angebote für Kinder und Senioren statt, ein regelmäßiges Kirchencafé, Kunstprojekte und auch alternative Gottesdienstkonzeptewerden angeboten. Schon über 250 Gottesdienste aus der kleinen Gemeinde sind auf dem eigenen YouTube-Kanalabrufbar. „Man müsste einen Modus finden, um auch Gemeinden, die so aktiv kirchliches Leben gestalten, einen Bonus zukommen zu lassen,“, regt Landwirtschaftsminister Hauk an.

Auch die Vertreter der Landeskirche würdigen die Energie und das Engagement vor Ort; den knapper werdenden Ressourcen Rechnung zu tragen, ohne dieses Engagement zu beeinträchtigen, sehen sie als bleibende Herausforderung für die Landeskirche an. Sie räumen ein, dass man die hohe Signalwirkung durch die Beampelung unterschätzt habe. „Rot bedeutet nicht, dass die Dorfkirchen verschwinden. Sie sind da und uns ist auch klar, dass sie nicht so umgenutzt oder verkauft werden können, wie das eventuell mit Stadtkirchen aus den 60er Jahren oder mit Gemeindehäusern möglich ist“, erklärt Rapp. Für die Mörtelsteiner, aber auch viele andere Vertreter von Gemeinden mit kleinen Dorfkirchen, ist das insgesamt ein Schritt in die richtige Richtung. Man ist in Mörtelstein dankbar für den konstruktiven Austausch und die Dialogbereitschaft der Landeskirche. „Uns ist es wichtig, dass die Kirchen weiterhin genutzt werden können“, betonen Vertreter der Mörtelsteiner Kirchengemeinde. „Da arbeiten die Mörtelsteiner also genauso wie die Kirchen an einer tragfähigen Lösung für die Zukunft“, fasst Hauk zusammen und verspricht, weiter mit den Kirchen im Gespräch zu bleiben.